Freitag, 11. Februar 2011

Merkur – der geflügelte Götterbote

Handzeichnung von Balthasar Küchler (1571-1641)

… Merkur, der Literat – am Beispiel Hermann Hesse

In der griechischen Mythologie ist der Götterbote Merkur der Vermittler zwischen Himmel und Erde. Ist Hermann Hesse  der  Vermittler  zwischen  dem eigenen Sinn (Eigensinn) und der Welt seiner Leser?

Neben Jupiter ist Merkur der am stärksten stehende Planet im Horoskop von Hesse. Er befindet sich in seinem eigenen Zeichen Zwilling, mehrfach aspektiert  am  DC.  Merkur  symbolisiert  das Denken, Schreiben, Reden,  Lesen und besonders die Kommunikation.

Diese  symbolische  Kraft  des  Merkurs erklärt  die  intensive  Motivation  und Ausdauer  von  Hesse,  sein  umfangreiches Werk entstehen zu lassen. Grosse Begeisterung  schwang  mit  als  er  im Kontakt  mit  über  50  Zeitungen  und Magazinen in mehr als 3000 Rezensionen  Werke  anderer  Schriftsteller  besprochen  und  gewürdigt  hat.  Er  war auch  Mitherausgeber  bzw.  Mitarbeiter mehrerer  Zeitschriften,  so  des  «März», wo später Theodor Heuss seine Nachfolge  übernahm.  Mit  Theodor  Heuss verband Hesse eine lange tiefe Freundschaft.

Besonders  stark  am  Herzen  lag  dem Dichter  der  Kontakt  zu  seinen  Lesern (Merkur am DC) und er führte eine ausgedehnte Korrespondenz. Über 35 000 Briefe  die  er  erhielt,  und  die  er  sehr individuell  beantwortete,  legen  davon ein überwältigendes Zeugnis ab.

Das   grosse   Erfahrungs-Dreieck   zwischen Saturn, Merkur, Uranus befähigte  Hesse  besonders  als  Rezensenten und Kritiker, und stellt ihn als den grossen  Bücher-  und  Lesefreund  dar,  der wohl  einmalig  ist  in  der  literarischen Welt …"

Aus Karl G. Breit: "Hermann Hesse - Sei du selbst und die Welt ist reich und schön" Horoskopbesprechungen



… Jupiter und Merkur im Gespräch

Wie wir wissen, gehört sowohl der Jupiter wie der Merkur in den Kontaktbereich, und wie wir ebenfalls wissen, will Merkur möglichst viel wissen, um dies so oder so in seiner Vielfältigkeit zu verwenden! An den Jupiter glauben wir fast blind, denn seine überzeugt vorgebrachten Ideale können eigentlich gar nicht falsch sein – wozu darüber nachdenken! – Diese beiden sitzen sich nun gegenüber, Merkur mit leuchtender Krawatte, gut gebügelter Hose, sauberem Hemd und ein kleines Notizbüchlein zur Hand. Jupiter lässig in einen blauseidenen Umhang gehüllt, die Beine übereinander geschlagen und statt des Notizbüchleins ein Kelch Spätburgunder. Da Jupiter in seiner Art großzügig ist, lässt er Merkur den Vortritt im Gespräch:

Merkur: "Ich habe viele Bücher gelesen – noch dazu in verschiedenen Sprachen -, meine Aufzeichnungen dazu gemacht, und möchte heute Abend einen Vortrag in Astrologie halten. Bisschen Angst habe ich schon, denn wie soll ich die vielfache Kombinatorik der Aspekte zueinander auf zwei Stunden Vortrag zusammenpressen?"

Jupiter: "Nimm ein paar Aspektbilder als Beispiel, gehe gleichsam in sie hinein, empfinde sie, lass die Zuhörer miteinander sprechen, und siehe da, auf einmal wird die Kombinatorik lebendig und erklärt sich als eigene Wahrheit! Noch was; trinke davor etwas Wein, das beschwingt, denn was soll der Vitaminstoss von Orangensaft, den du jetzt zu dir nimmst?"

Merkur: "Du hast leicht reden! Wo bleibt die Gründlichkeit, die begriffliche Auseinandersetzung? Die hörenden Menschen wollen doch lernen! Andernfalls wäre mein Vortrag nichts anderes als eine groß angelegte Wiedergabe meiner eigenen womöglich ethischen Empfindung. Mir erscheint dein Rat nur für Fortgeschrittene brauchbar."

Jupiter: "Ob das ein so genannter Anfänger ist oder einer, der schon 102 Jahre Astrologie betreibt, das dürfte gleichgültig sein! Ich gehe ganz einfach vom Lebendigen aus, vom Lebenssinn, und der zeigt sich in jedem Horoskop, sonst wäre die betreffende Person ja nicht am Leben. Der Glaube an eine höhere Macht ist für die Astrologie Voraussetzung und dies sollen wir uns bewusst machen."

Merkur: "Ich kann doch keinen Glauben voraussetzen, wenn das Wissen nicht zuvor da ist -, das klingt mir überheblich, entschuldige, da sagen wir – der gibt ganz schön an - . Mit dem Kleinen beginnen, dass verlangt die menschliche Bescheidenheit. Und noch was: Der Merkur ist der Hermes Trismegistos, das heißt: ihm stehen alle drei Bereiche des Lebens offen, und das trifft nur auf Merkur zu!"

Jupiter: Einen kräftigen Schluck trinkend und mit einer großzügigen Geste sich die nächste Zigarette anzündend: "Zu Anfang, ob bei den alten Kulturen oder beim Kind war alles ein Bild, und diese Bilder soll der Merkur eben in allen Ebenen bewusst machen. Macht sich dieser kleine Hermes selbständig, dann vergisst er, woher er kommt. Dies nenne ich Bescheidenheit, wenn er also weiß, woher er kommt. Und dann entsteht daraus die persönliche Freiheit im Denken!"

Merkur: "Ja, du hast schon recht, aber nur von dir aus, ganz subjektiv; aber ich muss jetzt zu meinem objektiven Vortrag schreiten, ich möchte ja, dass mich jeder versteht!"

Jupiter: "Auf Widersehen, wichtig ist für mich, dass wir noch ein paar Mal miteinander sprechen, doch so, dass jeder freie mittlere Kreis das Menschliche dabei ist. Wir haben ja alle sowohl das Merkurische wie das Jupiterische oder Joviale zugleich in uns…" …

Aus Arnold Buchenrieder:

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