Samstag, 12. Februar 2011

Das Familienmodell in der Astrologischen Psychologie - von Bruno Huber

am 26. Februar 2011, 12-19 Uhr, in Düsseldorf

"Eine neue Deutungsmöglichkeit im Horoskop

Eines der Probleme, die mich als Psychologe lange Zeit nicht zur Ruhe kommen ließ, war die Fragestellung: wie kann man aus dem Horoskop psychologisch brauchbare Aussagen über Vater- und Mutterbindungen, bzw. entsprechende Komplexe machen?

Die Frage scheint zunächst aus astrologischer Sicht einfach zu beantworten, sind doch nach Ansicht der meisten Astrologen in der Fachliteratur genügend Deutungshinweise vorhanden. Wenn man allerdings als praktizierender Therapeut damit arbeiten will, so kommt man in ordentliche Begriffsunschärfen hinein.

Schon der Vergleich einiger verschiedener Quellen zeigt sehr schnell, daß etwa der Vater in manchen Büchern mit der Sonne, m anderen Werken -oder in denselben an anderer Stelle -z.B. mit dem Saturn oder auch mit dem zehnten Haus identifiziert wird.

Auch wenn man - wie G.G. Jung es selbst versucht hat - im Horoskop nach ANIMA und ANIMOS Ausschau hält, kommt man zwar mit den astrologischen Regeln zu einem Resultat. Aber das so entstandene Bild hält einer sorgfältigen psychologischen Überprüfung an der menschlichen Wirklichkeit (Tests, analytische Gespräche, freies Assoziieren, etc.) nicht stand.

Aus der Enttäuschung heraus, die mir das astrologische Deutungsmaterial in diesem Bereich brachte, unternahm ich dann vor etwa fünfzehn Jahren eine größere Untersuchung, die schließlich allerhand zutage förderte. Im Folgenden die wichtigsten Punkte:

1. Nicht nur die Personen, die dem Kind gegenüber die Vater- und Mutterrolle ausgeübt haben, sind im Horoskop definierbar. Sondern auch die ROLLE DES KINDES, die der Horoskopeigner in seiner Kindheitsumgebung gespielt hat.

2. Rückschlüsse über die Person des VATERS, bzw. stellvertretender Figuren, lassen sich aus der Stellung der SONNE (besonders in den Häusern) ziehen.

3. Die MUTTERFIGUR bzw. -Rolle ist nicht aus der Mondstellung abzuleiten, sondern aus der Lagerung des SATURN im Horoskop (siehe weiter unten).

4. Das KIND schließlich ist im MONDSTAND ablesbar.

5. Auch die BEZIEHUNG des Kindes zu den beiden ELTERN, und der beiden Eltern zueinander, wie sie das Kind subjektiv erlebt hat, ist in der Aspektierung der drei Hauptplaneten (Sonne - Mond - Saturn) untereinander ablesbar.

6. Außerdem wird in der Lagerung dieser Planeten im Häusersystem eine HIERARCHISCHE ORDNUNG der Familie sichtbar. (Wer hatte wirklich das Sagen in der Familie?)

Ich weiß natürlich sehr gut, daß besonders die Feststellung Nr. 3 von der etablierten Astrologie abgelehnt wird. Und das hat wohl zwei Gründe:

Zum ersten gibt es in der gesamten erreichbaren Literatur bis zurück zu den griechischen Quellen keinen einzigen Autoren, der nicht den Mond als Mutter definiert hätte.

Und zum zweiten widerstrebt es den meisten Astrologen, den «widerlichen Bösewicht Saturn» mit der sanften und liebevollen Figur der Frau und Mutter identifiziert zu sehen.

Das letztere ist wohl verständlich -aber mindestens zum Teil ein Irrtum. Denn von «Frau» kann im Zusammenhang Saturn nur bedingt gesprochen werden. Die Frau als geschlechtliches Wesen ist im Horoskop als Venus dargestellt (nicht als Mond!). Demgegenüber hat der Saturn etwas ausgesprochen a-sexuelles an sich. Die Mutterrolle beinhaltet in erster Linie Schutz, Ernährung, Pflege und Belehrung des Kindes. Es läßt sich sehr leicht an jeder Frau, die Mutter wird, beobachten, daß sie für eine gewisse Zeit recht unerotisch wird. Darüber beklagen sich übrigens die Männer schon so lange, wie es die Menschheit gibt. Es ist jedem Psychologen bekannt, wie oft die sexuelle Frustration «neuer» Väter zu den ersten «Ausflügen» Anlaß gibt. Viele Männer verkraften es offensichtlich nicht so leicht, wenn ihre angebetete Venus plötzlich zum Saturn wird.

Und nochmals zum «Bösewicht» Saturn: Ich meine, daß es langsam Zeit wird in der Astrologie, den Begriff des «Übeltäters» aus unserem Wortschatz zu streichen. Aus psychologischer Sicht ist er schlechthin unhaltbar!

Die Schwarzmalerei um Saturn gibt es erst seit der spätgriechischen Zeit. Manilius ist meines Wissens der erste Autor, der so negativ formuliert. Auch den Mond als Mutter haben wir den lieben Griechen zu verdanken. Vorher - z.B. bei den Babyloniern, die ja die Väter und Mütter unserer Astrologie sind - finden wir die Definition des Mutterprinzips, der Ur-Mütter bei Saturn. Er (oder müßte man jetzt sagen «sie»?) ist auch die Erde, das Irdische und das Fruchtbarkeitssymbol, das Trächtige etc.

Der Mond hingegen ist die empfängliche Seele, das ewig sich Wandelnde, Wachsende und Vergehende. Es ist eigentlich erstaunlich, daß wir bei unserer Monddefinition Empfänglichkeit und Fruchtbarkeit nicht auseinanderhalten können - die Babylonier taten es!

Die Frau ist fruchtbar, der Mann ist potent; und beide sind empfänglich -nämlich für die Liebe, die sie zusammenbringt. Der Mond ist das Kontaktsuchende in uns Menschen. Seine Fähigkeit ist die Sensitivität für das Du, und diese Empfänglichkeit hat kein Geschlecht. In der Erotik des Mondes suchen wir nicht das sexuelle Erleben, sondern den Menschen, der liebt, der uns Vertrauen, Verständnis, Zuwendung und Zärtlichkeit ohne Bedingungen zu geben bereit ist.

Genau das ist es, was wir als Kleinkind das erstemal an der Mutter erleben, Der Mond ist also auch das Muttersuchende, das erste Liebeserlebnis mit ihr - aber nicht etwa die Mutter selbst!

Natürlich ist jeder Säugling in den ersten Lebensmonaten mit seiner Mutter vollständig identifiziert. Er hat noch kein individuelles Bewußtsein, und ist in seinen gesamten Lebensfunktionen von der Mutter abhängig. Das könnte man astrologisch so formulieren: Der Mond ist in exakter Konjunktion mit dem Saturn. Dieser Zustand dauert aber nicht an – und das soll er auch von der Natur aus nicht. Das Kind muß seine eigenen Lebensfunktionen entwickeln, um dadurch lebensfähig zu werden. Und dabei muß ihm die Mutter behilflich sein. Das ist ihre eigentliche Funktion. Und gerade darum ist es so schwierig, eine gute Mutter zu sein. Denn die Neigung, das Kind in irgendeinem Grade der Abhängigkeit von sich zu behalten, ist nun mal ein starker menschlicher Zug - übrigens nicht nur bei Frauen!

Alle Aspekte zwischen dem Mond und entweder Saturn oder Sonne zeigen eine solche Elternabhängigkeit an (Mutterbindung; Vaterbindung), die natürlich je nach Art des Aspektes in ihrer Qualität variiert. Außerdem wirken sich eine Mutter- resp. Vaterbindung sehr verschieden aus.

Alle Mond-Saturn-Aspekte z.B. erschweren die Ablösung vom Elternhaus, zeigen eine Minderung der Risikofreudigkeit im Leben an, und bringen eine übermäßige Besorgtheit um die eigene, körperliche Sicherheit und Gesundheit. Der Mangel an Urvertrauen wird meistens durch das Bemühen kompensiert, sich im Leben eine «Heile Welt» aufzubauen. Demgegenüber sind Mond-Sonne-Aspekte (Vaterbindung) in unserer heutigen Gesellschaft scheinbar keine hemmenden Funktionen. Weil unsere patriarchale Kultur die Expansionsund Leistungszwänge, die von Aspektierungen ausgehen, positiv wertet -und sie also durch Erfolgserlebnisse belohnt. Damit werden Autoritätsgläubigkeit und ihre Kompensationsformen wie Erfolgs- und Wettbewerbsdenken, und Aggressionsbereitschaft zur Konfliktlösung oft zu zentralen Antrieben …"





Bruno Huber
Die Persönlichkeit und ihre Integration - Astrologische Psychosynthese 
Die drei Hauptplaneten Sonne, Mond und Saturn werden im Familienmodell und auch in ihrer Einheit Körper-Seele-Geist dargestellt. Deren Deutung als Ichkräfte im Horoskop, den Aspekten und die Stark- oder Schwach Stellung, gibt jedem den individuell passenden Integrationsschlüssel in die Hand. Eine Konzeption des Menschen, (Huber’sche Flasche), mit der jede Entwicklungsart der Persönlichkeit erklärt werden kann. (ISBN 3855239029)

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