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Sonntag, 20. Februar 2011

Astrologie und Märchen


Seehundfell, Seelenhaut – ein Fische-Märchen

Zu einer Zeit, die einst war, nun für immer vorbei ist und bald schon wiederkehrt, gibt es Tag für Tag einen blendend weißen Himmel und weiße Schneelandschaften, in denen sich die Lebewesen wie winzige, flirrende Pünktchen ausnehmen und bald schon verlieren - Menschen, Hunde und Bären.

Hier bläst der Wind so hart, daß die Leute ihre Parkas und Stiefel absichtlich zur Seite drehen. Das gesprochene Wort gefriert in der Luft, und den Menschen müssen die Sätze von den Lippen gebrochen und am Feuer aufgetaut werden, damit man weiß, was sie gesagt haben. Alle Geschöpfe leben im schneeweißen Gespinst der Haare von Annuluk, der Großmutter der Erde. Damals, vor langer Zeit, lebte hier ein Mann, der sehr einsam war.

Das Gesicht des Mannes war von tiefen Furchen durchzogen, die seine Tränen im Lauf der Jahre in seine Haut gegraben hatten, denn er fühlte sich verlassen und weinte viel. Tag für Tag ging er auf die Robbenjagd, legte seine Fallen aus und schlief nachts gut und tief, aber er sehnte sich fortwährend nach einem Menschen, mit dem er sein Leben teilen konnte. Manchmal, wenn ein Seehund sich seinem Kajak näherte und zwischen Eisschollen hervorlugte, dachte der Mann an die alten Geschichten, in denen es heißt, daß Seehunde vor langer Zeit einmal Menschen waren, was man heute noch an ihren Augen erkennt, an dem weisen und liebevollen Blick in ihren glänzenden Augen. Wenn der Mann den Blick solcher Augen auf sich gerichtet sah, weinte er, und die Furchen in seinem Gesicht wurden jedesmal noch ein wenig tiefer.

Eines Abends war er noch nach Einbruch der Dunkelheit auf der Jagd, weil er den ganzen Tag nichts gefangen hatte. Er paddelte zwischen Eisschollen dahin, während der Mond aufging und ihm einen großen, glitzernden Felsen im Meer zeigte, auf dem sich etwas bewegte. Sein Jägerauge ließ ihn schon von weitem erkennen, daß die Bewegungen nicht von den üblichen Meerestieren herrühren konnten.

Lautlos paddelte er näher heran und erkannte, daß ein Grüppchen splitternackter Frauen auf dem Felsen beim Mondschein tanzte. Er verhielt sich still und schaute zu, wie ihre Körper sich wiegten, wie die milchig und silbern schimmernden Gliedmaßen der Mondfrauen sich im Kreise drehten.

Stockstill und tief betroffen saß er in seinem Boot, während das Wasser ihn näher und näher zu dem Felsen trug. Er konnte die Wunderwesen lachen hören, aber vielleicht war es auch nur das Plätschern der Wellen, das sein Ohr verwirrte. Der Mann wußte nicht, wie ihm geschah, aber die Bürde seiner Einsamkeit fiel von ihm ab wie eine schwere, nasse Haut, er fühlte sich emporgehoben, sprang, ohne nachzudenken, auf den Felsen und stahl eines der Seehundfelle, die dort im Mondlicht lagen. Hinter einem Vorsprung versteckte er sich und verbarg das Fell unter seinem gutngug, seinem Parka.

Bald darauf rief eine der Frauen etwas, und diese Frau hatte die schönste Stimme, die der Mann je vernommen hatte. Sie klang wie der Gesang von Walen im Morgengrauen, nein, besser noch, wie neugeborene Wölfe beim Spielen, nein, die Stimme war mit nichts zu vergleichen, das der Mann je gehört hatte.

Es dauerte nicht lange, und eine Frau nach der anderen schlüpfte in ihr Seehundfell und glitt hinab ins Meer. Sie lachten und quietschten vor Vergnügen bis auf eine. Diese Frau suchte nach ihrem Robbenfell und konnte es nirgends finden. Da trat der Mann aus seinem Versteck hervor, und obwohl er sehr schüchtern war, sagte er mit einem Mut, der ihm selbst fremd war: »Bitte . . . werde meine Frau und komm mit mir... Ich bin so einsam.«

»O nein, das kann ich nicht«, antwortete sie. »Ich gehöre zum Anderen, zu Dem Dort Unten.«

»Werde meine Frau«, drängte der Mann. »In sieben Sommern erhältst du dein Seehundfell zurück, das verspreche ich dir. Und dann kannst du dich entscheiden, bei mir zu bleiben oder zu gehen, ganz wie es dir beliebt. «

Lange forschte die junge Robbenfrau im Gesicht des Mannes nach einem Zeichen. Schließlich sagte sie zögernd: »Also gut, ich gehe mit dir. Und nach sieben Sommern wird es sich zeigen. «

So lebten sie miteinander, und nach einer Weile gebar die Meeresgeborene dem Mann einen Sohn, den sie Ooruk tauften. Das Kind war rund und gesund, und in den langen Winternächten, während der Vater am Feuer saß und Figuren schnitzte, erzählte die Mutter ihrem Ooruk Geschichten, aber anstatt vom Bären, vom Raben und vom Wolf zu erzählen, wie andere es taten, erzählte sie die Sagen vom Walfisch, vom Seehund und den Lachsschwärmen, denn dies waren die Geschöpfe, die sie kannte.

Die Jahre vergingen, und die Menschenhaut der jungen Frau wurde erst schuppig, dann spröde, bis sie schließlich in trockenen Fetzen von ihrem Körper fiel. Ihr plumpes, weißes Fleisch wurde hohl und grau, selbst die Haare auf ihrem Kopf fielen aus. Das Licht in ihren seelenvollen Augen erlosch, und bald mußte sie die Hand ausstrecken, um sich ihren Weg zu ertasten, denn sie war halb blind geworden. Eines Nachts wurde Ooruk unsanft aus dem Schlaf gerissen, denn der Vater schimpfte laut, und die Mutter weinte.

»Gib mir mein Fell zurück«, flehte die Mutter weinend. »Sieben lange Jahre sind vergangen, und der achte Winter kommt. Du hast es mir versprochen. «

»Nein«, brüllte der Mann wütend. »Wenn ich dir das Fell gebe, verläßt du mich doch! «

»Ich weiß nicht, was ich tun werde. Ich weiß nur, daß ich wiederhaben muß, was mein eigen ist.«

»Dein Kind und deinen Mann willst du im Stich lassen«, schrie der Vater, »du gewissenloses Weib!« Damit riß der Mann die Türklappe auf und stapfte hinaus in die Finsternis.

Das Kind liebte seine Mutter sehr und weinte sich in dieser Nacht in den Schlaf, aber schon bald wurde es zum zweiten Mal geweckt. Ein seltsam tosender Wind ging um, und in dem Wind war eine Stimme, die »Ooruk, Ooooruk« rief, wieder und wieder, bis Ooruk aus dem Bett kletterte, seinen Parka und seine kleinen Stiefel anzog und in die Nacht hinauslief.

»Ooruk, Ooooooruk,« rief es im Wind, und der Wind schien vom Meer zu kommen, vom Ufer, wo sich ein großer alter Seehund mit langen silbernen Schnurrhaaren hin- und herwälzte und Ooruks Namen rief.

Der mächtige alte Seehund hob seine Flosse und deutete auf ein Bündel, das zusammengerollt unter einem Felsen lag. Ooruk hob das Bündel auf, und sogleich kam ihm der unverkennbare Duft seiner Mutter entgegen. Er entrollte das Seehundfell, und in dem Moment spürte Ooruk, wie sich die Seele seiner Mutter mit all ihrer endlosen Liebe über ihm entfaltete.

Das Kind schmiegte seine Wange in den silbrigen Pelz und spürte die Umarmung seiner Mutter, als wäre sie selbst zugegen. Der alte Seehund nickte geheimnisvoll und versank langsam im Meer.

Das Fell fest an die Brust gedrückt rannte Ooruk nach Hause, direkt in die Arme seiner Mutter, die schon voller Unruhe auf ihn und ihr Robbenfell gewartet hatte.

Voller Dankbarkeit schlüpfte sie in ihren Pelz. »Oh, nein, Mama, nein«, schrie das Kind. Aber sie hob es auf und trug es dem tosenden Meer entgegen. »O Mama, verlaß mich nicht! « schrie Ooruk, als sie am Ufer angekommen waren und die Mutter sich anschickte, ins Wasser zu steigen.

Sie wandte sich zu dem Kind um, mit einem Blick unermeßlicher Liebe in den Augen. »Nein, Mama, nein«, rief das Kind. Aber sie nahm sein Gesicht zwischen beide Hände und hauchte ihren Atem in die Lungen des Kindes, einmal, zweimal und ein drittes Mal. Dann tauchte sie mit ihrem Sohn in den Fluten unter, sank tiefer und tiefer hinab, bis zum tiefsten Meeresgrund, und beide konnten ohne Mühe unter Wasser atmen.

Bald kamen sie in eine glitzernde Wasserstadt, wo sich allerlei Meerestiere und Wunderwesen tummelten, die ein gewöhnlicher Sterblicher nie zu Lebzeiten erblickt, und alle waren froh, denn der große alte Seehund schwamm dem Schwarm singend voran und nannte Ooruk voll Stolz seinen Enkelsohn.

»Wie erging es dir dort oben, meine Tochter?« fragte der Alte, nachdem er die beiden gebührend getätschelt und an sein mächtiges Herz gedrückt hatte.

Die Robbenfrau blickte zur Seite und sagte: »Ich habe einen Menschen verwundet, einen Mann, der alles getan hat, um mich zu behalten. Aber ich kann nicht zu ihm zurück, denn dann muß ich sterben. «

»Und der Junge?« fragte der alte Seehund. »Was soll aus meinem Enkel werden?«

»Er muß in die Oberwelt zurückkehren, Vater. Seine Zeit ist noch nicht gekommen, er kann noch nicht für immer hier bei uns bleiben.« Die Mutter weinte. Alle weinten bei diesen Worten, weil sie wahr waren.

Sieben Tage und sieben Nächte vergingen, in denen der Glanz in die Augen der Mutter zurückkehrte, ihr Fleisch wieder fest, ihre Haut wieder seidig wurde und alles an ihr gesundete. Aber dann kam die Stunde des Abschieds. Gemeinsam mit dem Großvater trug sie Ooruk hinauf in die Welt der Erdbewohner und setzte ihr Kind am steinigen Ufer im Mondlicht ab.

»Ooruk«, sprach die Mutter zu guter Letzt. »Ich bin immer bei dir. Du mußt nur berühren, was ich berührt habe: meine Feuerhölzer, mein Messer, meine Steinmetzarbeiten von Ottern und Meeresgetier, dann wirst du einen Atem spüren, der mein Atem ist. Und er wird dich singen lassen und dir Geschichten geben.«

Der alte silberne Seehund und seine Tochter küßten das Kind noch tausendmal, dann rissen sie sich los und schwammen ins Meer hinaus, wo sie nach einem letzten langen Blick untertauchten. Ooruk blieb am Ufer zurück, da seine Zeit noch nicht gekommen war.

Die Jahre vergingen, und Ooruk wuchs zum Mann heran. Er wurde ein großer Sänger, Trommler und Geschichtenerzähler seines Volkes, und die Leute sagten, daß er seine Kräfte einem Wunder in seiner Kindheit zu verdanken habe, bei dem er vom Geist der Seehunde vor dem Ertrinken bewahrt wurde. Noch heute sieht man ihn im Morgennebel auf einem Felsen knien und Zwiesprache mit einer Seerobbe halten, die niemand fangen kann, so oft es auch versucht wurde, denn sie ist unantastbar und wird Tanqigcaq genannt, die Glänzende, die mit den weisen, wilden, seelenvollen Augen.

Als Märchen für das Tierkreiszeichen Fische wiedergegeben von

Weitere Märchenbücher:

Sibylle Koops
Das große Märchenbuch der Astrologie für Groß und Klein. Dieses Buch erzählt Märchen über die Kräfte des Lebens, wie sie uns im Lauf der Gestirne, in der Natur auf unserer Erde und im Wesen von "Maus" und "Mensch" begegnen. Wir erleben, wie die Heldinnen und Helden mit ihren Stärken und Schwächen umgehen lernen, um schließlich im Einklang mit sich und der Welt ihr Leben zu genießen.

Anne Christin Leser
Es war einmal ... und kann morgen wieder sein
Ein Märchen- und Geschichtenbuch, das uns auch so nebenbei hilft, die Weisheiten der Astrologie besser zu verstehen - hier vor allem die 12 Tierkreiszeichen.
2 Märchen als Leseprobe auf maerchenleser.de:

Donnerstag, 17. Februar 2011

Venus – Ischtar – Isis – Astarte – Aphrodite

Boticelli: Venus

" … Sappho, die sich in ihrer weichen aiolischen Mundart Psappho nannte, soll hier aus ihrer eigenen Dichtung sprechen … Hören wir in einem Gedicht ihre Eifersucht, als ein Mann ihr ihre Freundin wegnahm:

Himmlischen Wesens scheint mir der Jüngling zu gleichen.
Da er dir gegenüber lagert und deinem süßen Geflüster,
deinem lockeren Lachen lauschend das Ohr leiht.
Ach, der Anblick erfüllt mir das Herz im Busen,
tief mit Schrecken; denn wenn ich zu dir hinüber rasch
nur schaue, versagt mir bereits die Stimme.
Und meine Zunge liegt wie von Fesseln gelähmt,
es rieselt mir plötzlich unter der Haut entlang ein
flüchtiges Feuer. Trübe wird mir das Augenlicht,
in den Ohren saust es wie der Sturmwind. Tränen im
Auge, ließ sie mich hier zurück. Doch sie liebte auch
den Mann und schrieb zum Abschied:
Aber bleibe mein Freund, doch nimm dir eine jüngere
Lagergenossin, Ich trüg es nicht mit dir zu leben,
Du bist jung, ich bin älter als du bist … "

Fritz Gehre


 

Louise Huber: "Die Venus, das Weibliche"

 

" … Übersteigerung der Venusfunktion

Auch die Venus hat ihre negativen Seiten, einige wurden schon erwähnt. Bei Übertreibungen ist am deutlichsten das Umkippen der Gefühle festzustellen, gleich einem kompensativen Mechanismus. Aus Anziehung wird Abstoßung, aus Schönheit Häßlichkeit, aus Kunst Gekünsteltes. Liebevolle Gestaltung führt zur Übertreibung und wird zum Kitsch. Echte venusische Geselligkeit und Gastfreundschaft kann zur leeren, lügen-haften Schöntuerei zum Beispiel auf Partys führen. Aus der natürlichen Sensitivität resultiert eine Überempfindlichkeit gegenüber Kritik oder Ablehnung. Die Faszination durch das der eigenen Natur Entgegengesetzte kann so stark auftreten, daß die merk-würdigsten Beziehungen daraus hervorgehen. Zum Beispiel sucht sich ein weicher, nachgiebiger, zarter Venustyp einen starken Partner aus, der sie quält. Sehr häufig verkehrt sich die Unfähigkeit, Realitäten und Hässlichkeiten zu sehen in Schönfärberei und eine Unfähigkeit, Konflikte auszutragen. Sie kann etwas als gut und schön deklarieren, nicht weil sie es so empfindet, sondern weil es leichter ist, anderen in den Mund zu reden. Dabei handelt es sich nicht um eine Lüge, sondern um einen Akt der Anpassung.

Eine angepaßte Venus will Harmonie um jeden Preis und macht faule Kompromisse. Sie verdrängt die Wahrheit und lebt lieber in einer scheinbar heilen Welt, in der alles in Ordnung ist. So gesehen ist die Venus nicht konfliktfähig, sie ist unfähig aktiv ins eigene Schicksal einzugreifen und zieht es vor, in einer gläsernen Harmonie, in einem goldenen Käfig gefangen zu bleiben.

Eine weitere Schwäche der Venus ist die Eitelkeit, die Gefallsucht. Sie ist abhängig vom Feedback und tut alles, um beliebt zu sein. Daraus kann ein Narzißmus, eine übertriebene Selbstliebe resultieren, häufig wenn die Venus vor oder am AC, dem Ich-Punkt im Horoskop, steht. Im Streßbereich der kardinalen Achsen wirken besondere kompensative Kräfte auf die Planeten ein. Bei der Venus wandelt sich häufig die Anmut in eine gekünstelte Posse, die Schönheit in Aufmachung, die Eleganz in Schlampigkeit, die lebendige Sinnenlust in Formalismus, Ihre Wirkung ist dann nicht mehr natürlich und anziehend, sondern übertrieben, aufdringlich und auch oft abstoßend.

Auch der Mythos zeigt uns die Venus-Aphrodite in doppelter Gestalt. Als eine, die aus dem Schaum des Meeres geboren wird und einer höheren Ordnung entstammt und als Aphrodite pandemos, die der niederen Welt angehört. Das Leben im Gleichgewicht zu halten ist die Kunst der Künste und das lehrt uns die Venus. As Venus in der Waage ist sie die Göttin der reinen, himmlischen Liebe, als Venus im Stier regiert sie die Sinnenlust. Beide Möglichkeiten entsprechen der Liebe …

Weisheit

Die transformierte Venus ist vom höheren Standort aus der Maßstab der Weisheit, die Fähigkeit, sich in der realen Welt zu bewegen und zu Recht zu finden, ohne anzustoßen und ohne mit irgendetwas oder irgendjemanden in Schwierigkeiten zu geraten. Für bestehende Probleme, Mängel und Fehlfunktionen sucht sie brauchbare Lösungen, Konflikte und einseitiges Vorgehen ordnet sie in das Ganze ein, im Verstehen der Zusammenhänge bringt sie vieles in die richtige Proportion, nimmt symbolisch gesprochen, den Stachel heraus. Bei schwerwiegenden Konflikten kann sie vermittelnd wirken und baut Brücken des Verstehens zwischen streitenden Parteien.

Von einer höheren Warte aus betrachtet bedeutet die Venus „reine Vernunft", sie kann niemanden verletzen, niemandem weh tun, sie bringt jedem noch so armen Menschen Liebe und Verständnis entgegen. Alice A. Bailey nennt die Venus als esoterische Herrscherin des Zeichens Zwillinge den Planet der „beweglichen Synthese". In ihrer Beweglichkeit ist sie Lebenskünstlerin, ausgleichend, beglückend und eine Meisterin der angenehmen Art. Venus kann Raum und Zeit harmonisch verbinden, vermag das zu schaffen, was man Atmosphäre nennt. Sie kann erfreuen, erheitern, die Lebensqualität steigern und durch Verständnis streitende Parteien versöhnen. Ihr ist die Lebenskunst eigen, Harmonie zu bringen, guten Willen zu zeigen und durch einen freundlichen Umgang und Verständnis für andere, menschliche Beziehungen zu erleichtern und zu verschönern.

Auszug aus der Zeitschrift  'Astrolog' Nr. 96/1997

Sonntag, 13. Februar 2011

Die Arbeiten des Herkules im Tierkreis



Ein junger Mönch fragte den Meister:
"Wie kann ich je frei werden?"
Der Meister antwortete:
"Wer hat dich je versklavt?" (Zen-Geschichte)

Der Tierkreis

Der Eine, der den Vorsitz führte, blickte auf die Söhne der Menschen, die die Söhne Gottes sind. Er sah ihr Licht und wo sie standen, auf dem WEGE, der zurück zum Herzen Gottes führt. Der Weg führt durch einen Kreis, durch die zwölf großen Tore, und Zyklus um Zyklus werden die Tore geöffnet und wieder geschlossen. Die Söhne Gottes, die die Söhne der Menschen sind, schreiten voran.

Trübe ist das Licht zuerst. Selbstsüchtig ist die Richtung menschlichen Strebens und dunkel die sich daraus ergebenden Taten. Langsam lernen die Menschen und im Lernen durchschreiten sie die Säulen der Tore wieder und wieder. Dumpf ist das Verstehen, aber in den Hallen der Disziplin, die in jeder Abteilung des kosmischen Kreisumlaufs zu finden sind, wird die Wahrheit allmählich erfaßt, die nötige Lektion gelernt und die Natur geläutert und gelehrt, bis das Kreuz gesehen wird – das fixe, wartende Kreuz, das die Söhne der Menschen kreuzigt, ausgestreckt auf den Kreuzen jener, die dienen und erlösen.

Aus der Masse der Menschen ragte in alten Tagen einer hervor und zog das wachsame Auge des großen Älteren, der den Vorsitz führt, auf sich – Er, der ewig den Vorsitz führt in der Ratshalle des Herrn. Er wandte sich zu einem, der dicht neben ihm stand und sagte: „Wer ist jene Seele auf dem Weg des Lebens, deren Licht jetzt schwach sichtbar ist?“ Rasch kam die Antwort: „Das ist die Seele, die auf dem WEG des Lebens Erfahrungen macht und das Licht sucht, das aus dem hohen Orte leuchtet“. „Laßt ihn fortschreiten auf seinem Weg, doch wacht über seine Schritte“.

Die schnell enteilenden Äonen verfolgten ihren Lauf. Das große Rad drehte sich und brachte im Drehen die suchende Seele auf dem WEG. Später kam ein Tag, wo der Eine in der Ratshalle des Herrn, der den Vorsitz führt, die suchende Seele wieder in den Kreis seines strahlenden Lebens zog. „Wessen ist die Seele auf dem WEG des Strebens, deren Strahlung schwach hervorleuchtet?“ Es kam die Antwort: „Eine Seele, die das Licht des Verstehens sucht, eine sich mühende Seele“. „Sag ihr von mir: den anderen Weg zurückzukehren, dann um den Kreis zu wandern. So wird sie das Ziel ihrer Suche finden. Wache über ihre Schritte und wenn sie ein verstehendes Herz, ein reges Denken und geschickte Hände hat, bringe sie zu Mir!“

Wieder vergingen die Jahrhunderte. Das große Rad drehte sich und trug im Drehen alle Söhne der Menschen, die Söhne Gottes sind, auf ihren Pfad. Und während die Jahrhunderte vergingen, entstand eine Gruppe Menschen, die langsam den umgekehrten Weg einschlugen. Sie fanden den WEG. Sie gingen durch die Tore und strebten nach dem Gipfel des Berges und nach dem Ort des Todes und des Opfers. Der überwachende Lehrer sah einen Menschen aus dieser Menge hervorragen und das fixe Kreuz besteigen; er verlangte nach den Taten, nach Dienst an Gott und zu den Menschen und zeigte die Bereitschaft, den WEG zu Gott zu pilgern. Er stand vor dem großen Einen, der den Vorsitz führt in der Ratshalle des Herrn und hörte ein Wort ertönen:

„Gehorche dem Lehrer auf dem WEG. Bereite dich für die letzten Prüfungen vor. Gehe durch jedes Tor und in der Sphäre, die sie enthüllen und bewachen, verrichte die Aufgabe, die ihrer Sphäre geziemt. Lerne so die Lektionen und beginne mit Liebe den Menschen der Erde zu dienen“.

Dann erging an den Lehrer das letzte Wort: „Bereite den Kandidaten vor. Gib ihm die Aufgaben zu erfüllen und setze seinen Namen auf die Tafeln des lebendigen WEGES.“

Der Tibeter

Herkules der Jünger – der Mythos

Er stand vor seinem Lehrer. Dumpf fühlte er, daß dies der Beginn einer Krise war, die zu einem Wandel der Sprache, der Haltung und des Planes führte. Der Lehrer sah ihn an und mochte ihn. „Dein Name?“ fragte er und wartete auf Antwort. „Herakles oder Herkules“ kam die Antwort. „Sie sagen mir, das hieße „Heras seltene Glorie“, der Glanz und das Strahlen der Seele. „Was ist die Seele, o Lehrer? Sage mir die Wahrheit!“

„Diese, deine Seele wirst du finden, wenn du deine Aufgabe erfüllst und die dir eigene Natur entdeckst und nützt. Wer sind deine Eltern? Sag es mir, mein Sohn.“

„Mein Vater ist göttlich. Ich kenne ihn nicht, es sei denn, daß ich in mir weiß, ich bin sein Sohn. Meine Mutter ist irdisch. Sie kenne ich gut und sie hat mich zu dem gemacht, was du siehst. Gleicherweise, o Lehrer meines Lebens, bin ich einer von Zwillingen. Es gibt noch einen anderen genau wie ich. Ich kenne ihn gut und kenne ihn doch nicht. Einer ist von der Erde, also irdisch, der andere ein Sohn Gottes.“

„Wie steht es um deine Erziehung, Herkules, mein Sohn? Was kannst du und was hast du gelernt?“

„In allen Fertigkeiten bin ich bewandert; ich wurde gut belehrt, gut geschult, gut geleitet und ich bin gut bekannt. Ich kenne alle Bücher, alle Künste, und alle Wissenschaften; jegliche Feldarbeit ist mir bekannt, dazu die Fertigkeiten jener, die reisen können und Menschen kennen. Ich kenne mich als einen, der denkt, fühlt und lebt. Eines, o Lehrer, muß ich dir noch sagen, damit ich dich nicht täusche. Alle jene, die mich in der Vergangenheit lehrten, erschlug ich vor nicht langer Zeit. Ich tötete meine Lehrer und auf meiner Suche nach Freiheit stehe ich jetzt frei. Ich suche mich selbst zu erkennen, in mir selbst und durch mich selbst.“

Mein Sohn, das war eine Tat voll Weisheit, jetzt kannst du frei stehen. Fahre fort dich zu mühen und denke immer daran, daß an der letzten Umdrehung des Rades das Mysterium des Todes erscheint. Vergiß das nicht. Wie alt bist du mein Sohn?“

„Ich zählte achtzehn Sommer, als ich den Löwen schlug und seit dem Tage trage ich sein Fell. Und dann, mit einundzwanzig begegnete ich meiner Braut. Heute stehe ich vor dir dreifach frei – frei von meinen früheren Lehrern, frei von der Furcht vor Furcht und, in der Tat, frei von Begierde.“

„Brüste dich nicht, mein Sohn, sondern beweise mir das Wesen dieser Freiheit, die du fühlst. Wieder im Löwen wirst du dem Löwen begegnen. Was wirst du tun? Wieder in den Zwillingen werden, die Lehrer, die du erschlugst, deinen Weg kreuzen. Hast du sie wirklich überwunden? Was wirst du tun? Wieder wirst du im Skorpion mit der Begierde ringen. Wirst du frei stehen, oder wird die Schlange dir mit ihrer List begegnen und dich zur Erde nieder ziehen? Was wirst du tun? Bereite dich vor, deine Worte und deine Freiheit zu beweisen. Rühme dich nicht, mein Sohn, sondern beweise mir deine Freiheit und deinen tiefen Wunsch zu dienen.“

Der Lehrer saß in Schweigen. Herkules zog sich zurück und stand vor dem ersten großen Tor. Dann sprach der Eine, der den Vorsitz führt in der Ratshalle des Herrn, zum Lehrer und bat ihn, die Götter zu Zeugen des Strebens zu rufen und den neuen Jünger auf den WEG zu bringen. Der Lehrer rief. Die Götter antworteten. Sie kamen und brachten Herkules ihre Gaben und viele Worte weisheitsvollen Rates, da sie die Aufgaben, die vor ihm lagen, kannten und die Gefahren des WEGES.

Minerva reichte ihm ein Gewand, das sie selbst gewebt hatte, ein Gewand, das ihm gut paßte, fein und von seltener Schönheit war. Er legte es an mit Triumph und Stolz, frohlockend in seiner Jugend. Er mußte sich noch bewähren.

Vulkan schmiedete für ihn einen goldenen Brustschild, der sein Herz schützte, die Quelle des Lebens und der Kraft. Diese goldene Gabe wurde umgegürtet und, so beschützt, fühlte sich der neue Jünger sicher. Er mußte seine Stärke noch beweisen.

Neptun erschien mit zwei Pferden und gab sie zusammengekoppelt dem Herkules. Sie kamen direkt von dem Ort der Wasser und waren herrlichsten Geblüts. Herkules war hocherfreut, denn er wußte seine Macht, die beiden Pferde zu reiten, noch beweisen.

Merkur nahte mit anmutiger Rede und glänzendem Witz. Er trug ein Schwert von auserlesenem Muster, das er in einer silbernen Scheide Herkules darbot. Er schnallte es Herkules um die Hüften und hat ihn, es scharf und glänzend zu halten. „Es muß trennen und schneiden“, sagte Merkur, „und mit Genauigkeit und erworbenem Geschick gehandhabt werden.“ Herkules dankte ihm mit freudigen Worten. Noch mußte er seine gerühmte Geschicklichkeit beweisen.

Mit schmetternden Trompeten und dem Lärm stampfender Hufe nahte im fliegenden Lauf der Wagen des Sonnengottes wie ein flammender Blitz. Apollo kam und grüßte Herkules mit seinem Licht und seinem Zauber und gab ihm einen Bogen, einen Bogen aus Licht. Durch neun weit offene Tore muß der Jünger gehen, bevor er das Geschick erlangt, diesen Bogen zu spannen. Es brauchte diese ganze Zeit, um sich als Bogenschütze zu bewähren. Doch als ihm die Gabe geboten wurde, nahm Herkules sie im Vertrauen auf seine Macht, eine Macht, bis jetzt noch unerprobt.

Und so stand er gerüstet. Die Götter umstanden den Lehrer und beobachteten seine Possen und seine Freunde. Er spielte vor den Göttern und zeigte seine Tapferkeit und rühmte sich seiner Stärke. Plötzlich hielt er inne und überlegte lang. Dann gab er einem Freund die Pferde zu halten, das Schwert einem anderen und den Bogen einen dritten. Darauf verschwand er rennend im nahen Wald.

Die Götter erwarteten seine Rückkehr und wunderten sich, erstaunt über sein merkwürdiges Verhalten. Er kam aus dem Wald zurück und trug hoch erhoben eine Holzkeule, die aus einem lebendigen, starken Baum geschnitten war.

„Dies ist mein Eigenes“ schrie er, „niemand gab sie mir. Dies kann ich mit Macht gebrauchen. O Götter, achtet auf meine hohen Taten!“

Und dann, erst dann, sprach der Lehrer: „Geh nun und mach dich ans Werk.“

Der Tibeter

Buch:
Alice Bailey und Djwhal Khul
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